Wald machte den Auftakt zur Diskussion über die künftigen Gemeindestrukturen
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Zeitungsbericht Appenzellerzeitung Pressebericht Appenzell24
Worum geht es?
Am Sonntag, 26. November 2023 werden die Bürgerinnen und Bürger von Appenzell Ausserrhoden über den Kantonsverfassungsartikel zu den Gemeindestrukturen abstimmen. Der Kantonsrat hat zwei Vorschläge erarbeitet, die im Edikt ausführlich beschrieben werden. Unsere Veranstaltung hat zum Ziel, den Inhalt der beiden vorliegenden Artikel – Gegenvorschlag der Regierung und Eventualantrag des Kantonsrats – klar und verständlich der Stimmbevölkerung näherzubringen. Insbesondere möchten wir erläutern und aufzeigen, welche Konsequenzen die Abstimmung auf den nachfolgenden Prozess hat, sprich wie es künftig weitergehen könnte. Wir möchten die Meinungsbildung fördern und die Bürgerinnen und Bürger dazu motivieren, aktiv an der Abstimmung teilzunehmen.
Die Informationsveranstaltung wurde von einer Arbeitsgruppe der IG Wald miteinander organisiert und moderiert.
Gut 100 interessierte Zuhörer/innen kamen zur Veranstaltung am 14. September in die MZA. Der Abend war von einer Arbeitsgruppe der IG Wald miteinander sorgfältig vorbereitet worden.
Vier Referate dienten dazu, das Thema Gemeindefusionen aus möglichst vielen Perspektiven zu beleuchten. Den Einstieg machte unsere Gemeindepräsidentin Marlis Hörler Böhi. Sie zeigte eindrücklich auf, mit welchen Herausforderungen kleinere Gemeinden bereits heute zu kämpfen haben. Das meiste Geld, 54% der Ausgaben, wird in die Bildung investiert. In vielen Bereichen sei eine Gemeinde angewiesen auf Kooperationen auf operativer Ebene. Dabei wurde klar, dass Wald bereits über entsprechende Vereinbarungen mit den umliegenden Gemeinden verfügt. 29 davon mit Rehetobel. Darüber hinaus bestehen weitere Zusammenarbeitsverträge mit anderen Gemeinden. Ohne diese könnte eine kleine Gemeinde grosse Aufgaben wie die Feuerwehr, das Abwasser oder das Zivilstandsamt gar nicht sicherstellen. Für unsere Gemeindepräsidentin ist wichtig, dass nach einer Fusion auf jeden Fall der Service public erhalten bleiben muss. Marlis Hörler Böhi ist überzeugt, dass es mutige Schritte braucht, um für die Zukunft gerüstet zu sein.
Ein überblick über die Aufgaben einer Gemeinde
Eine „Sturzgeburt“ in Glarus
Der Kanton Glarus hat bereits 2007 aus 29 Gemeinden 3 gemacht. Christian Büttiker, Landrat und einstiger Gemeinderat in der neuen Gemeinde Glarus, erzählte anschaulich über die Erfahrungen mit dem Glarner Fusionsprozess. Aufgrund einer knappen Mehrheit, anlässlich einer Landsgemeinde, war der Entscheid für die Fusion zustande gekommen. Christian Büttiker sprach von einer „Sturzgeburt“. Er gab zum Schluss seiner Ausführungen einige Empfehlungen für mögliche Anpassungen der Gemeindestrukturen in Ausserrhoden ab. Wichtig findet er eine offene und transparente Kommunikation und den regelmässigen Miteinbezug der Bevölkerung in den Veränderungsprozess, auch wenn dieser aufwendig sei. Kosteneinsparungen seien allerdings erst nach etwa zehn Jahren zu erwarten, vorher müsse in die Planung und teilweise vernachlässigte Infrastrukturen investiert werden. Ein solches Fusionsprojekt sei viel Arbeit, ein Riesenbrocken, den es sorgfältig und mit Respekt anzugehen gilt. In Glarus seien auch Fehler gemacht worden. Es sei wichtig, aus diesen zu lernen. Nach über zehnjähriger Erfahrung mit den fusionierten Gemeinden zieht er unter dem Strich ein positives Fazit.
Schrittweises Vorgehen in Neckertal
Vreni Wild, alt Gemeindepräsidentin von Neckertal, berichtete rückblickend von der schrittweisen Fusion von fünf Gemeinden im Neckertal, die zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 31. Dezember 2022 in zwei Schritten fusionierten. Der Kanton überliess es den Gemeinden, wie sie fusionieren wollten. Renitenten Kleingemeinden wurde jedoch längerfristig mit der Kürzung des Finanzausgleichs gedroht. An regelmässigen Dorftreffen wurden die Anliegen der Bevölkerung fortlaufend aufgenommen. Schliesslich fanden sich in allen Gemeinden bei den Fusionsabstimmungen mindestens 55 Prozent Ja-Stimmen in den Urnen. Nach Ansicht von Vreni Wild haben sich die Fusionen gelohnt. Die Qualität im Verwaltungsbetrieb konnte markant verbessert werden. Trotzdem ist die Idendität der einzelnen Gemeinden geblieben. Auch in Neckertal dauerte es an die zehn Jahre bis finanzielle Einsparungen gemacht werden konnten.
Die Regierung von Appenzell AR hat klare Vorstellungen
Zum Schluss gab Regierungsrat Hansueli Reutegger deutlich zu erkennen, dass er den Gegenvorschlag der Regierung bevorzugt. Als einstiger Gemeindepräsident von Schwellbrunn kennt er nicht nur die Gemeindesicht, sondern war 2013 an der Fusion der Stadt Wil mit der Gemeinde Bronschhofen beteiligt. Da die Regierung 2015 durch die Reduktion von sieben Teilzeit- auf fünf Vollzeit-Regierungs-räte gestärkt und der Kantonsrat 2019 mit der Einführung der ständigen Kommissionen schlagkräftiger gemacht worden war, hofft nun die Regierung, dass bei der Reduktion auf drei bis fünf Gemeinden eine gestärkte Gemeinde-Ebene entstehen könnte. Da es immer schwieriger sei, Leute zu finden, die ein politisches Amt auf Gemeindeebene übernehmen wollen, mache es Sinn, Verwaltungsaufgaben zusammenzulegen und mit weniger dafür professionellerem Personal zu besetzen. Die künftigen Grenzen der neuen Gemeinden seien zusammen mit der Bevölkerung schrittweise zu erarbeiten. Die Obergrenze von fünf ergebe sich aus dem Bemühen, möglichst gleich grosse Gebilde zu definieren. Der Eventualvorschlag berge die Gefahr, dass einzelne Gemeinden aus dem ganzheitlichen Prozess ausstiegen und die Koordination erschwerten. Wichtig sei, dass die Bevölkerung genau über das Abstimmungsprozedere informiert werde. Anlässlich der Abstimmung kann man sowohl den Gegenvorschlag der Regierung als auch die Eventualvorlage annehmen (zweimal Ja), eine der zwei Vorlagen annehmen (einmal Ja, einmal Nein) oder beide ablehnen (zweimal Nein) und mit einer Stichfrage die bevorzugte Vorlage benennen.
Entsprechend sind drei Abstimmnungsresultate möglich:
Aufgrund des Abstimmungsresultats wird das weitere Vorgehen bestimmt:
Weitere Infos dazu auf: www.ar.ch
Im Anschluss hatte das Publikum Gelegenheit, den vier Referent/innen Fragen zu stellen, welche rege genutzt wurde.
Die vier Referent/innen stellten sich den Fragen von links:
Regierungsrat Hansueli Reutegger, alt Gemeindepräsidentin Vreni Wild (Neckertal), Gemeindepräsidentin Marlis Hörler Böhi, Christian Büttiker (Glarus)
Ein Apéro mit feinen Brötchen vom Spar und Süssem vom Hirschen lud das Publikum ein, noch etwas zu verweilen und die Gelegenheit zu nutzen, im kleinen Rahmen weiter zu diskutieren und die vielen Informationen sich etwas setzen zu lassen.
Aus Sicht der IG Wald miteinander lohnt es sich, sich sorgfältig mit den zwei Abstimmungsvorlagen auseinanderzusetzen. Dazu gibt es Infos auf der Kantonswebseite mit einem anschaulichen Video. Ausserdem stehen in nächster Zeit weitere Diskussions- und Informationsveranstaltungen in umliegenden Gemeinden an. Es lohnt sich, an der einen oder anderen teilzunehmen.
Danke an alle, die uns bei der Vorbereitung, am Tag selber und beim Aufräumen unterstützt haben!